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Aka / Hmong - Meo / Htin - Lua / Kamu / Karen / Khmer / Lahu / Lawa / Lisu / Mon / Mrabi /Padung / Palong / Shan - Tai Yai / Yao

   

 

Volksstämme in Thailand

Aka (Hani)

Mit den außergewöhnlichen Eingangstoren zu ihren Dörfern, dem jährlichen Schaukelfest und ihrer exotischen Bekleidung sind die Aka eines der farbigsten Bergvölker in Südost-Asien. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie eine reiche und komplexe Kultur entwickelt, die Bräuche und Verhaltensregeln für alle denkbaren Lebensumstände bereit hält. Die Grundwerte und Lehren einer tausend Jahre alten Tradition haben den Einflüssen durch Kriege, Revolten und der Modernisierung in den von ihnen als neue Heimat ausgewählten Ländern standgehalten. So sind sie von allen Bergvölkern Thailands nicht nur das scheueste, das ärmste und das spirituellste Volk, sondern auch dasjenige, welches sich am deutlichsten der Angleichung an thailändische Lebensweisen widersetzt hat.

 

     

 

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Wahrscheinlich kommen die Aka ursprünglich aus dem tibetischen Hochland, aus dem sie vor vielen Jahrhunderten nach Mon Tong Guay Joaw und Mon Ton in der südwestchinesischen Provinz Yunnan zogen. Auch heute lebt noch ein großer Teil von ihnen dort. Von Yunnan zogen sie über Laos in die burmesischen Shan-Gebiete und nach Vietnam. Etwa 1903 entstand das erste Aka-Dorf auf thailändischem Boden (Hin Taek / Phaya Phai ,nahe der burmesischen Grenze). Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges lebten ungefähr 2.500 Aka in Thailand. Die meisten kamen jedoch erst in den letzten 30-40 Jahren. Sie besiedelten zunächst den Bereich des Wassereinzugsgebietes des Mae Kok. Erst in neuerer Zeit waren sie in Folge gestiegener Population gezwungen, sich über dieses Gebiet hinaus auszubreiten. Heute sind es über 40.000 Menschen, von denen etwa 90% in der Provinz Chiang Rai ihre neue Heimat gefunden haben. Der Rest verteilt sich auf die Provinzen Chiang Mai, Lampang, Phrae, Tak und Kampeng Phet. Die Einwanderung ist nicht abgeschlossen. Über Laos kommen auch heute noch viele Aka nach Thailand.

Die Aka-Sprache gehört zum Yi- (Lolo-) Zweig der tibeto-burmesischen Sprachfamilie. Jeu G’oe’ ist der Dialekt, der von fast allen Aka in Thailand und in Kengtung (Burma), im südwestlichen Gebiet von Yunnan (China) und im nordöstlichen Laos gesprochen wird.

Eine Schrift haben die Aka nie besessen. Dennoch verfügen sie über ein reiches Erbe an mündlich überlieferten Legenden, Sprichwörtern und Ritualen, die sie lehren, wer sie sind und was es bedeutet, ein Aka zu sein. So sind sie in der Lage, alle ihre männlichen Vorfahren zurück zu den Anfängen aus dem Gedächtnis aufzusagen. Das sind heute rund 65 Generationen, und alle Aufzählungen enden mit „Dzoe Tah Pah“, dem Vater aller Aka. Mit dieser Aufzählung würdigen sie ihre Ahnen, die nicht nur die Quelle ihres eigenen Lebens sind, sondern sie auch mit allem Wissen ausgestattet haben, mit allen Situationen fertig zu werden, die das Leben bietet. Sich selbst für seine Nachfahren als Glied in dieser Kette zu bewähren, sieht ein Aka in der Stunde der Not eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt, damit folgende Generationen daraus lernen können.

Änlich wie die Familiengeschichte wurden auch die Stationen ihrer Migration von Generation zu Generation weitergegeben und ebenso auswendig gelernt. Ihre Legenden sind in all den betroffenen Ländern erstaunlich gleichlautend, trotz des Fehlens einer schriftlichen Aufzeichnung.

Das Aufsagen der Ahnenliste, zusammen mit vielen schillernden Legenden und Ritualen, ist üblicherweise reserviert für sehr spezielle Ereignisse in der Aka-Gemeinschaft. Eines davon ist die Feier zum Tode eines Mitglieds.

 

 
 

Herkunft

Das Volk der Aka wird von den Thailändern auch „Kaw“oder „Ekaw“ genannt. Das bedeutet „niedriger Sklave“. Verständlich, dass diese Namen von den Aka nicht so gerne gehört werden.

In Dichtung und Zeremonialsprache nennen sich die Aka selbst "Za Nyi" oder "Zaqnyiq".

Andere Namen oder Schreibweisen: Akha, Ahka, Aini, Ak'a, Hani, Hka Ko, Ikaw, Ikor, Kaw, Kha Ko, Khako, Khao Ikor, Khao Kha Ko, Ko, Yani

 

   
   

Nach einer Aka-Legende lebten auf der Erde ursprünglich nur Männer. Eines Tages beschloss Gott jedoch, jedem Volk eine Frau zu geben. Die Nachricht wurde mit großer Freude aufgenommen, und jedes Volk schickte seinen Führer, seine Frau abzuholen. Unglücklicherweise wurde der Aka-Mann auf dem Weg aufgehalten. Als er verspätet eintraf, waren alle Frauen verteilt und keine mehr für ihn übrig. So machte er sich betrübt auf den Heimweg. Unterwegs traf er auf ein Geister-Mädchen. Entschlossen, nicht mit leeren Händen zu seinem Volk zurück zu kehren, fing er sie ein und machte sie zu seiner Frau. So wurde sie die erste Mutter der Aka.

In einer Aka-Familie ist der Mann das Oberhaupt. Er ist der erste, der beim Essen beginnt. Und wenn er nicht da ist, wird ihm sein Essen aufgehoben. Eine moralische Beschränkung auf eine einzige Ehefrau gibt es nicht - er kann sich so viele Frauen nehmen, wie er versorgen kann.

Junge Leute können sich ihren Lebenspartner frei wählen, die Eltern müssen jedoch ihre Zustimmung zur Hochzeit geben. Dabei achten die Aka streng darauf, dass das Paar nicht miteinander verwandt ist. Zwar ist es kaum möglich, einen Partner zu finden, mit dem man nicht entfernt verwandt ist, zumindest aber in den letzten sieben patrilinealen Generationen darf kein gemeinsamer Vorfahre sein. Einer alten Tradition folgend, die diese Regel unterstützt, suchen junge Aka-Männer ihre Partnerin nicht im eigenen Dorf. Deshalb sind sie in der Zeit zwischen dem Aka-Neujahrsfest und dem Beginn der Reispflanzung in Gruppen zu zweit oder zu mehreren zwischen den Dörfern unterwegs auf Brautschau.

Ihre Mütter haben sie dafür mit besonders schönen Jacketts und Schulterbeuteln ausgestattet. Sie tragen Silberschmuck in ihren sorgfältig gewickelten Turbanen. Halsringe, Armbänder und Ketten - ebenfalls aus Silber - sollen die Mädchen beeindrucken, während diese ihrerseits mit kunstvoll gearbeiteter Kleidung die Aufmerksamkeit der Freier auf sich zu lenken suchen. Die jungen Männer bleiben für längere Zeit bei Freunden oder Verwandten in den jeweiligen Dörfern und helfen denen tagsüber bei der Arbeit. Dadurch haben sie Gelegenheit, die Mädchen auch in ihrer natürlichen Umgebung beim Verrichten ihrer Arbeit zu beobachten.

Nach dem Abendessen versammeln sich die jungen Leute häufig auf dem Freiersplatz (deh k’ah) des Dorfes. Dort sind an zwei oder drei Seiten des Platzes Bänke aufgestellt, dazwischen ist eine Tanzfläche. Die Mädchen singen und tanzen im Schein des Feuers, und die Jungs beobachten sie dabei. Danach tanzen die Männer und singen Liebeslieder, musikalisch untermalt von besonderen Freierspfeifen. Haben sich zwei gefunden, dann sitzen sie auf den Bänken und unterhalten sich. Später verzieht sich das eine oder andere Paar in den Dschungel, wo es meist die ganze Nacht verbringt. Im heiratsfähigen Alter (Jungen ab 18, Mädchen ab 17 Jahren) ist es ihnen durchaus gestattet, dabei sexuelle Erfahrungen zu sammeln und es bis zur Hochzeit mit verschiedenen Partnern zu probieren. Für diese sexuelle Freizügigkeit sind die Aka weithin bekannt.

Wenn sich ein Paar sicher ist und heiraten möchte, werden die Eltern beider Seiten informiert. Die Väter handeln untereinander die Bedingungen aus und setzen ein Pfand fest, das sie verlieren, wenn es nicht zur Heirat kommt, weil ihr Sohn oder ihre Tochter es sich einseitig anders überlegt. Einen Brautpreis gibt es nicht, üblicherweise wird jedoch viel Geld für die Hochzeit ausgegeben. Für die Ausrichtung ist die Familie des Ehemannes verantwortlich und hat genügend Speisen und Getränke für die Hochzeit zu besorgen. Sobald alles bereit steht, kann geheiratet werden. Die Hochzeit findet im Dorf des Mannes statt. Mit der Heirat wechselt die Frau in die Sippe des Mannes und gibt ihre eigene damit auf. Das junge Paar lebt in einer eigenen Hütte, die über die gemeinsame Küche mit dem Haus der Eltern des Bräutigams verbunden ist.

Die Hauptaufgabe des Ehepaars ist es danach, viele Kinder zu gebären, möglichst Söhne. Werden der Familie lediglich Mädchen geboren, kann nach der Vorstellung der Aka etwas nicht stimmen. Deshalb ist dies wie auch die Kinderlosigkeit ein Trennungsgrund für das Paar.

Eine Schwangerschaft wird als großes Glück angesehen und steht unter besonderem Schutz. So werden spirituelle Einflüsse weitgehend vermieden, weil sonst dem Glauben der Aka nach Fehl- oder Missgeburten die Folge sein werden. Gleichzeitig haben die Frauen Angst vor einem Tod im Kindbett, weil dies nach der Überlieferung ein „schlimmer Tod“ ist.

Mit den ersten drei Schreien eines Neugeborenen werden von Apoe Miyeh Segen, eine Seele und ein langes Leben erbeten. Erst danach wird es von der Hebamme berührt und bekommt von ihr einen vorläufigen Namen. Das ist erforderlich, weil die Geister von einem namenlosen Kind annehmen würden, es sei unerwünscht. Sie würden sich seiner bemächtigen. Wenn sich später zeigt, dass das Kind gesund ist und überleben wird, wird es bei einer besonderen Zeremonie einen endgültigen Namen bekommen.

Ehescheidung ist nicht populär bei den Aka. Wenn es dennoch dazu kommt, sollte die Frau möglichst schnell einen neuen Ehemann finden. Eine alleinstehende geschiedene Frau ist durch ein großes Stigma belastet.

 

 
 

Familie

 

   
   

Die wichtigste Personen eines Aka-Dorfes sind die „Geistigen Führer“ Djew maa und Djew ya, gefolgt von dem durch die Dorfältesten gewählten Dorfvorsteher und einem weiblichen „geistigen Führer“ Nyi pah.

Der Dorfvorsteher ist verantwortlich für das Wohlergehen des ganzen Dorfes und wird in seiner Arbeit je nach Größe des Dorfes von ein bis zwei Assistenten unterstützt.

 

 
 

Geistige Führer

 

   
   

Aka-Dörfer sind in der Regel recht groß, mit 30 oder mehr Haushalten, die mehrere Sippen umfassen. Sie liegen meist auf Bergrücken in Höhen ab 1000 Metern, mit einem guten Ausblick über die Umgebung. Es gibt derzeit weniger als 300 Aka-Dörfer in Thailand.

Bevor ein Dorf gegründet wird, suchen die Aka die Zustimmung Geister und des „Herrn des Landes und des Wassers“ für den gewählten Platz einzuholen. Eines von mehreren dafür vorgesehenen Ritualen ist das Eierwerfen. Der Dorfpriester lässt dabei ein rohes Ei etwa aus Augenhöhe in eine flache Mulde fallen, die extra dafür gegraben und deren Erdboden festgestampft worden ist. Bleibt dabei das Ei unbeschädigt, muss ein neuer Ort gesucht werden. Zerbricht es, so haben die Geister den Platz akzeptiert und das Dorf kann gebaut werden.

Das Haus des Dorfpriesters muss zur Dorfgründung als erstes aufgebaut werden. Dann folgen die Häuser der übrigen Dorfbewohner. Sie werden ohne besondere Rangfolge um das Haus des Priesters herum errichtet. Davon ausgenommen sind jedoch die Häuser von solchen Familien, in denen missgestaltete Kinder oder Zwillinge geboren worden sind (die früher nach der Geburt getötet wurden). Deren Häuser werden an tieferliegenden Stellen gebaut, damit nichts Böses von ihnen an die anderen Häuser herangeschwemmt werden kann.

Die Häuser, mehr Hütten, sind meist aus Bambus gebaut und mit Gras bedeckt. So schnell sie errichtet werden können, so schnell sind sie auch dem Verfall ausgesetzt. Zumindest die Grasdächer müssen fast jedes Jahr erneuert werden.

Eine Besonderheit sind die zeremoniellen Tore, durch die ein Aka-Dorf am oberen und am unteren Ende betreten wird. Diese sind recht einfacher Bauart, zwei Pfosten und ein Querbalken genügen. Sie sind dekoriert mit geschnitzten Holzfiguren, die eindeutig zeigen, dass dies der Zugang zu einer menschlichen Siedlung ist und Geister keinen Zutritt haben. Früher waren das Nachbildungen von Waffen und Werkzeugen, heute können das durchaus auch Autos und Flugzeuge sein. Neben den Toren sind hölzerne Skulpturen eines Paares beim Geschlechtsakt aufgestellt, die einen positiven Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Dorfbewohner ausüben sollen.

Diese Tore werden jährlich unter Leitung des Dorfpriesters neu gebaut. Das neue Tor kommt direkt hinter das aus dem Vorjahr, das alte bleibt stehen. So sind meist mehrere davon in unterschiedlichen Stadien des Verfalls zu sehen.

Aka betreten ihre Dörfer ausschließlich durch diese Tore, auch wenn heutzutage eine Straße in und durch das Dorf führen sollte. Es dient der Reinigung derer, die aus den Wäldern kommen. Für Besucher gilt die Regel, dass sie, wenn sie das Dorf durch das Tor betreten, mindestens auch ein Haus betreten. Wenn sie das nicht vorhaben, so ist es im Sinne des Aka-Brauchs sicherer, lediglich um das Tor herum zu gehen. Die Tore oder die ausgestellten Figuren zu berühren oder auf andere Weise einen Mangel an Respekt zu zeigen, ist streng verboten. Zur Sühne kommen Geldstrafen oder Tierspenden zu Opferzwecken in Frage.

Eine weitere Besonderheit sind die großen Schaukeln, die sich in jedem Aka-Dorf finden. Alljährlich im August wird ein großes Fest gefeiert, bei dem der Dorfälteste, gefolgt von allen Dorfbewohnern, diese Schaukel benutzt. Es ist nicht bekannt, warum man das macht, aber es ist ein großer Spaß für alle, die daran teilnehmen.

Die Häuser werden auf niedrigen Stelzen aus Bambus und Holz gebaut. Sie verfügen meist über einen größeren Vorbau, über den der eigentliche Lebensbereich betreten wird. Das grasbedeckte Giebeldach ist recht steil und so tief über die Außenwände herunter gezogen, dass es auf der Bergseite meist den Boden berührt. Der Raum unter dem Haus wird als Stauraum für Holz und Gerätschaften oder als Stall für Geflügel und Schweine benutzt.

Der Wohnbereich ist schulterhoch in je einen Raum für Männer und Frauen unterteilt. Männlichen Besuchern ist der Zutritt zum Frauenbereich normalerweise verboten. Es gibt keine Fenster, so dass das einzige natürliche Licht über den Eingang und die Ritzen in der Wand herein kommt. In jedem Haus befinden sich mehrere Feuerstellen. Während eine im Männerbereich zum Tee kochen und Fleisch garen benutzt wird, ist die im Frauenbereich nur für Reis und Gemüse vorgesehen. Manchmal gibt es eine weitere Feuerstelle im Frauenbereich, auf dem das Futter für die Schweine zubereitet wird.

Jedes Haus verfügt über einen Altar, der den Geistern der Ahnen gewidmet ist. Er befindet sich auf der Seite der Frauen und ist an der Trennwand angebracht. Er wird bei der Neueinrichtung eines Hauses als Erstes fertig gestellt, um zu zeigen, dass die Geister der Ahnen von Anfang an mit im Haus leben. Erst danach folgen der eiserne Dreifuß, auf dem der Reis gekocht wird, und schließlich die restlichen Einrichtungsgegenstände.

 

 
 

Dörfer

 

 

   
   

Der Lebensstil der Aka basiert auf ihrem agrikulturellen System. In der Vergangenheit wurden neue Anbauflächen durch Brandrodung gewonnen, meist verbunden mit einem Standortwechsel für das ganze Dorf. Damals wurde hauptsächlich Baumwolle und Opium angebaut.

Brandrodung ist heutzutage verboten, mit der Folge, dass die Aka sesshaft geworden sind. Im Laufe der Zeit haben sie sich in mühevoller Arbeit Terassen an den Berghängen angelegt, auf denen sie Mais und Reis anbauen, vereinzelt auch Hirse, aber auch Gemüse wie Chillies, Soja, Kohl und Tomaten. Rinder-, Schweine- und Hühnerzucht findet sich ebenfalls in allen Aka-Dörfern. Es ist jedoch schwer, auf den begrenzten Anbauflächen genügend anzubauen, um damit den Lebensunterhalt vollständig zu bestreiten. Um ihr Einkommen aufzustocken verkaufen heute viele Aka Handarbeiten wie Kleidungsstücke und kulturelle Gegenstände, die sie mit ihren traditionellen Fähigkeiten selbst herstellen.

Die Aka-Männer verbringen in der Regel mehr Zeit auf den Feldern als mit ihren Familien. Aber auch die Frauen arbeiten mit bei Anbau und Ernte, tragen dabei oft ihr jüngstes Kind auf dem Rücken. Die Jagd mit Katapulten, Pfeil und Bogen, Fallen sowie Schusswaffen auf Wild bereichert gelegentlich das Nahrungsangebot. Auch Hunde stehen auf ihrem Speiseplan. Weil man der Meinung ist, dass langsames Sterben dem Fleichgeschmack abträglich ist, werden die Tiere mit einem kräftigen Keulenschlag möglichst schnell getötet. Reis ist jedoch das Hauptnahrungsmittel und wird oft mit nichts weiter als Chilipaste oder Salz gegessen. Bereits am Vorabend wird die für den nächsten Tag benötigte Reismenge abgemessen und über Nacht in Wasser angeweicht. Am frühen Morgen wird genau diese Menge gekocht und reicht dann für den ganzen Tag.

Die überwiegende Mehrheit der Aka lebt unterhalb der Armutsgrenze.

 

 
 

Arbeit u. tägliches Leben

 

   
   

Wenn auch die Aka das ärmste aller Bergvölker in Thailand sind, so sind sie dennoch wohlbekannt für ihre außergewöhnliche Bekleidung und ihre exotische Erscheinung.

Die gut gekleidete Aka-Frau sieht einfach umwerfend aus – von der Spitze ihres aufwändigen Kopfschmucks bis zu den kunstvoll garnierten Gamaschen. Die Kleidung des Aka-Mannes ist weit weniger aufwändig gearbeitet, entbehrt jedoch nicht einer gewissen Eleganz im Schnitt seines Jacketts und der Schräge seines Turbans.

Das Grundmaterial für die Kleidung ist ein einfacher, selbstgewebter Baumwollstoff, der früher ausschließlich aus eigenem Anbau gewonnen wurde. Heute wird Roh-Baumwolle von den Thai dazugekauft. Die Fäden werden mit einer hölzernen Spindel gesponnen, die mit hoher Geschwindigkeit auf den eigenen Schenkeln gedreht wird. Das lernen Aka-Mädchen bereits im Alter von sechs oder sieben Jahren, weil die Mutter alleine nicht die für die ganze Familie notwendige Menge erzeugen kann. Frauen und Mädchen spinnen bei jeder Gelegenheit, bei jeder Tätigkeit, die es ihnen nebenbei erlaubt, und natürlich abends beim Sitzen am Feuer.

Die Weiterverarbeitung des Fadens zu einem stabilen, ca. 17 bis 20 cm breiten Stoff geschieht auf einem mit Fußpedal betriebenen Webstuhl. Das anschließende Färben des Stoffes mit aus eigenen Gärten stammendem Indigo ist aufwändig und dauert ungefähr einen Monat, bis sich der typische tief-blau-schwarze Farbton einstellt.

Die Aka in Thailand haben drei verschiedene Kleidungsstile, jenachdem, woher sie immigiert sind. Die spitze Kopfbedeckung „U Lo-Aka“ ist die der überwiegenden Mehrheit derer, die schon viele Jahre in Thailand leben. Sie ähnelt der der Gruppe „A Jaw Aka“ in Burma. Der zweite Stil mit flacher Kopfbedeckung „Loimi-Aka“ ist benannt nach einem Gebirge in Burma, von dem diese Gruppe von nicht allzu langer Zeit eingewandert ist. Ein weiterer Name für diesen Kopfschmuck ist „U Bya“. Schließlich der gemeinhin „Phami-Aka“ nach einem Dorf nahe Mae Sai genannte Stil wird vom „Mawn Po“ genannten Clan in Thailand, Burma und China getragen.

Der Kopfschmuck der Aka-Frauen ist das offensichtlichste äußere Zeichen der religiösen Philosophie dieses Volkes, die sich im Aka-zang (s.u.) dokumentiert. Er besteht aus einem kegelförmigigen Keil aus weißen, schwarzen und oft auch roten Schnüren mit dazwischen angeordneten Silbermünzen.

Bemerkenswert ist dabei, dass ein derart eindrucksvoller Kopfschmuck keineswegs nur für spezielle Feierlichkeiten oder gar für Touristen getragen wird. Er gehört unbedingt zum tagtäglichen Leben und wird nur zum Haare waschen oder für notwendige Reparaturen oder Reinigung abgenommen. Auch die steigende Annäherung an das moderne thailändische Leben konnte daran nichts ändern.

 

 
 

Kleidung

 

   
   

Die Aka sind Animisten und Ahnenverehrer. Ihre Sprache kennt kein Wort für „Religion“, stattdessen steht das Aka-zang („Aka-Gebote“), welches allumfassend Traditionen, Bräuche und Zeremonien beschreibt, die das Aka-Leben bestimmen.

Ihr Weltbild ist vollständig vom Geisterglauben geprägt, so dass sogar alltägliche Dinge wie der Reisanbau mit Mythen und Ritualen reglementiert sind und nach den Vorschriften des Aka-zang vollzogen werden müssen. Jede Abweichung von dem einmal als richtig eingestuften Weg führt zwangsläufig, darin sind sie sich sicher, zur Katastrophe. Wer nicht daran glaubt, muss das Dorf verlassen. Je nach Familie oder Dorf mag es marginale Unterschiede im Aka-zang geben, das Wesentliche daran hat sich jedoch in der Vergangenheit nicht geändert.

Nach dem Verständnis der Aka gab es mit Apermiyeh einen Geist, eine Art Gott, der die ersten Menschen erschaffen hat. Später, als sich bereits verschiedene Volksgruppen entwickelt hatten, rief Apermiyeh von jedem Volk Vertreter zu sich und übergab ihnen eine Schriftrolle aus Büffelhaut, auf der die charakteristischen Zeremonien und Wesenszüge beschrieben waren, für jedes Volk eine eigene. Unglücklicherweise waren die Aka-Gesandten hungrig, als sie zurück zu ihrem Volk kamen, und aßen die Kuhhaut restlos auf. So besaßen sie keine geschriebene Sprache mehr und sind seitdem auf die mündliche Weitergabe der Zeremonien und ihr gutes Gedächtnis angewiesen. Dafür, so sagen sie, bewahren sie die Weisheit Apermiyeh's in ihren Mägen auf.

Die Aka schreiben Apermiyeh eine große Macht über alles Leben zu. Alle Leiden kommen von diesem Geist. Aber er ist auch derjenige, der bestimmt, ob ein Reisfeld eine gute oder eine schlechte Ernte ergibt. So wird sich jedermann davor hüten, Apermiyeh mit seinen Worten oder Taten zu erzürnen. Ein Aka wird z. B. ein neugeborenes Kind nicht als hässlich bezeichnen, weil Apermiyeh das als undankbar ansehen und das Baby zurücknehmen könnte.

Die Verehrung der Ahnen kommt aus dem Glauben, dass die Lebenden von ihnen beschützt und gesegnet werden. Dafür gibt es in jedem Haus einen wohlversorgten Ahnenaltar. Er enthält aber auch Utensilien der Dämonen, die ebenfalls bei guter Laune zu halten sind. Neunmal im Jahr, jeweils zu besonderen Anlässen wie Neujahr oder Beginn der Reisernte, werden den Ahnen und den Dämonen besondere Opfer dargebracht. Die Ahnenverehrung zeigt sich auch darin, dass die meisten Aka-Männer in der Lage sind, über 60 ihrer männlichen Vorfahren aus dem Gedächtnis aufzusagen.

Aka haben von allen Bergvölkern die meisten religiösen Zeremonien, fast jeden Monat, und meist basierend auf Ereignisse aus ihrem agrikulturellen System. Der Zeitaufwand und auch die Kosten dafür sind ein Grund dafür, dass viele Aka vom Animismus zum Christentum konvertiert sind. Doch gibt es immer noch Dörfer, in denen ausschließlich die strenge Aka-Kultur gepflegt wird.

 
 

Religion

 

   
   

Entsprechend einer Aka-Legende sind Erde M Ma und Himmel M G’ah durch die Macht von Apoe Miyeh erschaffen worden. Von M G’ah stammt eine Folge von neun mächtigen Geistern ab: G’ah Ne, Ne Zaw, Zaw Zeu, Zeu To, To Ma, Ma Yaw, Yaw Neh, Neh Beh und Beh Sm (bei der Namensgebung der Kinder bekommen diese immer den zweiten Teil des väterlichen Namens vorangestellt – das ist bis heute so geblieben).

Ein direkter Nachkomme von Beh Sm, so die Legende, war das erste menschliche Wesen mit Namen Sm Mi O, von dem alle Menschen abstammen. Beim Aufzählen der Nachfolger von Sm Mi O folgt in der 13. Generation der Name Dzoe Tah Pah, der als großer Vater alle Aka angesehen wird. Wenn ein Aka seine Ahnenliste auswendig aufsagt, ist Dzoe Tah Pah immer mit dabei.

 

 
 

Mythologischer Ursprung

 

   
   

Die volle Ahnenreihe aufzusagen, die mittlerweile etwa 65 Namen enthält, ist allerdings speziellen Zeremonien vorbehalten, z. B. nach dem Ableben eines Menschen. Auch bei besonderen Krisen wird sie vollständig aufgesagt mit der Bitte an die Vorfahren, herunter zu schauen und in der Not zu helfen.

Wenn sich zwei Aka der selben Sippe treffen und wissen wollen, in welchem Grade sie verwandt sind, vergleichen sie die Ahnenliste soweit, bis ein gemeinsamer Vorfahre gefunden ist. Das ist von besonderer Bedeutung, wenn ein junges Paar heiraten möchte, weil beide mindestens sieben Generationen lang keinen gemeinsamen Vorfahren haben dürfen.

 

 
 

Ahnenliste

 

   
   

Auf gleiche Weise erinnern viele Aka zu den Namen ihrer Vorfahren deren Heimat auf dem Weg ihrer Migration von Tibet über China und Burma nach Thailand. Erstaunlich für ein Volk, das über keine schriftlichen Aufzeichnungen verfügt und über ein derart großes Gebiet verstreut lebt.

 

 
 

Migrationsroute

 

   
   

In den Dörfern ist es die Ältestenversammlung mit ihren Kulturträgern dzoema (Dorfältester), pirma (Vorsager), boemaw (Lehrer) und baji (technischer Fachmann), die über das Wissen der Ahnen verfügen. Es ist ihre Sache, die alten Lehren akribisch zu deuten und ihre Schüler (dzoeza, phiza) jahrelang darin zu unterrichten, bevor diese ihre Nachfolge antreten können.

Die alten Lehren werden von pirma oder boemaw in zahlreichen und langen Vorträgen rezitiert. Es ist eine Unterrichtung an Hand von Beispielen und nicht gebieterisch, denn ein Aka-Sprichwort besagt, dass der, der im Befehlston agiert, schnell seine Authorität einbüßt.

Das eiserne Gedächtnis der genannten Kulturträger ist beachtlich. Einzelthemen wie z. B. die Begräbnistexte würden aufgeschrieben mehrere Bücher füllen. Diese Texte werden von den Schülern in häufigen Sitzungen (nehvq keuq keuq) memoriert und fest in das Gedächtnis eingeprägt. Sie werden immer und immer wieder wortwörtlich aufgesagt, so wie es seit Generationen üblich war. Das Ergebnis ist eine überraschend geringe Verfälschung über die Zeit. Der Vergleich von solchen Texten, aufgesagt von verschiedenen älteren pirma oder boemaw aus Thailand, China, Laos oder Burma zeigt, dass sie fast Wort für Wort identisch sind.

Neben den Texten, die bei Begräbnisfeiern aufgesagt werden, die alle Stationen des menschlichen Lebens und die dazu gehörenden Regeln beinhalten, gibt es weitere Texte, die sich mit

  • Kindererziehung
  • Heirat und Familie
  • Krankheiten und deren Heilung
  • Unfällen und Katastrophen
  • den verschiedenen jährlichen Zeremonien

beschäftigen. Der dzoema kennt darüber hinaus die alten Texte, die ihn in seiner Funktion als Richter betreffen, und die, die sich mit dem Ackerbau zu den verschiedenen Jahreszeiten und den dazu gehörenden Zeremonien befassen. Der baji als technischer Experte steuert die Texte bei, die ihn als Schmied und Baumeister beim Haus-, Brücken- oder Schaukelbau usw. betreffen.

 

 
 

Weitergabe des Wissens

 

   
   

Aka-zang ist die Bezeichnung für das wichtigste Regelwerk der Aka. Mangels einer eigenen Schrift ist es das mündlich überlieferte, kompakte und höchst formalisierte System, das die Aka-Art, zu leben, vorschreibt. Es ist keine statische Lehre, weil es von Generation zu Generation um neue Erfahrungen ergänzt worden ist und weiter ergänzt wird.

Der Begrifft Aka-zang widersetzt sich einer direkten Übersetzung. Versuche wie Religion, Brauchtum, Tradition, Etikette und Zeremonie beschreiben nur einen Teil des Ganzen. Aka-zang ist umfassender, eine Art Gebrauchsanleitung für das Leben (Way Of Life). Es hat das autoritative Gewicht einer jüdischen Tora, des moslemischen Koran oder des christlichen Testaments, versucht jedoch nicht, für alles eine göttliche Beziehung herzustellen. Es ist vielmehr die Authorität der patrilinealen Ahnen aus bislang 65 Generationen, die ihre Erfahrungen während der langen Reise von Tibet über China und Burma nach Thailand an die heute Lebenden weiter geben.

Aka-zang umfasst alle Lebensbereiche. Es beschreibt, wo, wann und wie Wälder zu Ackerland gemacht, Gemüse und Reis angebaut und geerntet, Wild gejagt und in Fallen gefangen, Tiere gehalten und geschlachtet und zerteilt, Essen zubereitet, ein Dorf gegründet und Häuser gebaut werden.

Aka-zang enthält auch Vorschriften darüber, wie das Verhältnis zu Gruppen und Personen innerhalb und außerhalb des Aka-Volkes beschaffen sein soll und regelt Familien-, Abstammungs- und Sippen-Angelegenheiten wie z. B. Heirat und Kindererziehung, sowie das Verhalten bei Verfehlungen und Bestrafungen

Die Empfehlungen für das ordentliche tägliche Verhalten sind sehr detailliert: wann man am Morgen aufsteht, was als erstes zu tun und wie Arbeit zu organisieren ist, wie man in Abhängigkeit von der Jahreszeit eine Bambus-Teetasse zu halten hat, wie Frauen und Männer sich zum Jäten aufstellen, in welcher Weise sie das Setzholz zu halten haben (für Männer), wie der Reis in die Löcher zu bringen ist (für Frauen) und wie die Sichel oder die Machete bei der Ernte gehalten werden muss. Selbstverständlich gehören Anstandsregeln dazu, allerdings ohne Steifheit und Schuldgefühl oder den erhobenen Zeigefinger, wie er in Klassengesellschaften impliziert ist.

Aka-zang ist weder Religion noch Aberglaube, sondern ein pragmatisches Regelwerk zum Überleben, welches alle Aspekte des Lebens umfasst und die Erfahrungen aus mindestens eineinhalb Jahrtausenden beinhaltet. Religion kann es schon alleine deshalb nicht sein, weil es keine Unterscheidung zwischen Natur und Übernatur, zwischen Menschen und göttlichen Wesen macht. Daher gibt es auch keine Anbetung höherer Wesen oder die Furcht vor ihrem Zorn. Es ist von Menschen für Menschen gemacht um ihnen zu helfen, sich in die Natur mit ihren sichtbaren und unsichtbaren Mächten zu integrieren.

Es sind also Regeln nicht für ein himmliches Reich, sondern für die reale Welt. Weil es in der wirklichen Welt nicht nur Aka gibt (und ein solcher Zustand nicht angestrebt wird), werden neben den Aka-internen Belangen die Beziehungen zu anderen ethnischen Gruppen in der Nachbarschaft und zu den politischen Systemen ihrer Gastländer geregelt.

Negative Aspekte dieses alten Aka-zang-Systems sind zum einen, dass es im Wesentlichen auf dem überlieferten Wissen der Männer beruht und die Frauen weitgehend davon ausschließt, so dass sie führende Rollen auch zukünftig kaum einnehmen werden können. Zum anderen sind die Texte für Laien nicht verständlich.

Dazu kommt, dass die Kulturträger ihr Wissen in der Vergangenheit nur unter sich weiter gegeben haben und der Bevölkerung gegenüber nicht offenbaren wollten. Nur die Texte, die im Laufe der Zeit zu Liedern, Zeremonien und Sprichwörtern verarbeitet worden sind, sind den einfachen Leuten bekannt.

Abseits von Aka-zang haben Frauen ihr eigenes System der Wissensweitergabe entwickelt. Ihre Erfahrungen mit Heilkräutern und Pflanzen, agrarwirtschaftlichen Verfahren und Methoden der Stoff-Färbung und Stickerei sind so ebenfalls über die Generationen weiter gegeben worden. Als Nyipa (Schamanin) kommen zumindest in neuerer Zeit öfters auch Frauen zu Ämtern.

 

 
 

Aka-zang

 

   
   

Im Laufe eines Jahres gibt es viele Zeremonien und Rituale für die Aka. Sie erfordern viel Zeit für die Vorbereitung und die Ausführung. Einige von ihnen sind zu sehr formalisiert wie in alten chinesischen Traditionen (konfuzianisch, taoistisch). Andere sind zu sehr auf den Anbau von Reis als Hauptnahrungsmittel für den Eigenbedarf gerichtet und passen nicht mehr zu heutigen Anbaumethoden, die sich mehr und mehr auf den Verkauf der Ernte konzentriert.

Mit Ausnahme der Schaukelzeremonie Yeh ku dza-eu, dem Neujahrsfest Gadzangr gha-eu und dem Frühjahrsfest Xm shui Xm mi law-eu haben die meisten Feste ihre Attraktivität für die Jugend eingebüßt, die jetzt in Kontakt mit der modernen Welt steht. Die meisten Jugendlichen hatten nie vollen Zugang zu der tatsächlichen Bedeutung der alten Texte und Zeremonien. Schulen haben das traditionelle Lehrsystem der Aka-Kulturträger ersetzt, denen jetzt die Schüler fehlen. Diejenigen, die in die Städte gezogen sind, haben keine Beziehung mehr zur Agrikultur.

Eine internationale Bewegung zur Wiederbelebung versucht, Aka-zang an moderne Gegebenheiten anzupassen und untersucht die alten Texte auf ihre traditionelle Bedeutung, bevor sie verloren gehen. Tatsächlich aber hat das Aka-System zumindest in seiner traditionellen Form durch die Einflüsse der modernen Zeit in Thailand, Burma und China bereits vieles eingebüßt. In einigen Teilen des nördlichen Laos dagegen findet man es noch in der Form, wie es vor 60 bis 100 Jahren noch überall praktiziert worden ist.

 
 

Einflüsse der Neuzeit

 

   
                 


Letzte Aktualisierung dieser Seite: 24.07.2005