[Essen] [Festtage]

   

nam chai – Persönliche Erfahrung

Anfang 1998 habe ich mit meinem Freund Somporn, genannt Som, seine Familie im Nordosten Thailands besucht. Wir waren in einem Dorf zwischen Udon Thani und Sakhon Nakhon, an dessen Namen und den des Nachbardorfes, um das es hier geht, ich mich nicht mehr erinnere.

In diesem Nachbardorf war an einem Wochenende ein großes Fest, zu dem die Menschen, die aus dieser Gegend stammten und nun irgendwo anders lebten, aus allen Landesteilen angereist kamen.

Das Fest wurde auf einem großen Platz vor dem örtlichen Wat ausgerichtet. In diesem Wat, so erzählte mir Som, hatte er im Alter von 15 Jahren für die Dauer von sechs Monaten seine Novizenzeit verbracht. Direkt angrenzend an das Wat und dem Festplatz wohnte in einem Haus eine Frau alleine, die Som mir als „seine Mutter” vorstellte. Insofern verwunderlich, als ich doch wenige Tage zuvor seine richtige Mutter kennengelernt hatte!

Som erklärte mir dann die Verhältnisse: Die Frau kümmerte sich ein wenig um die überwiegend zwischen 10 und 15 jährigen Novizen des Wat. Wir würden vielleicht sagen, sie galt als deren Ersatzmutter, aber ich bin nicht sicher, ob man das so sehen sollte. Jedenfalls waren auch jetzt, tagsüber, während die große Bühne aufgebaut wurde, immer wieder mehrere Novizen um sie herum.

Unter dem in typischer Thai-Bauweise gebauten Haus (auf Stelzen) hatten sich mehrere Männer und einige wenige Frauen zum „Schwätzchen” versammelt. Sie hatten einen Kasten Bier, irgendwann gab es auch mal Nachschub, es gab auch zu essen. Ich habe nicht verstanden, wer was besorgte, aber immer war genug da. Einmal sah ich, wie die Frau ein mageres Huhn schlachtete, dann gab es Hühnersuppe mit Einlage für alle. Bereits auf der Fahrt in den Nordosten hatte ich mir vorgenommen, alles zu essen, was man mir anbieten würde. So nahm ich zwar wahr, was alles als Einlage galt, gab mir aber keine Blöße.

Die Männer und Frauen hatten mich mit Beschlag belegt, ich befand mich mitten unter ihnen und wurde ausgefragt und bekam erzählt. Nur – ich sprach und verstand kein Wort Thai! Und Freund Som hatte sich verdrückt. Zeitweise war ein Lehrer dabei, der ein paar Brocken Englisch konnte. Der musste dann übersetzen, wie alt ich bin, was ich beruflich mache und was ich verdiene: ganz typische Fragen, die nicht indiskret gelten und nur von gesundem Interesse zeugen.

Immer hatte ich ein volles Glas Bier (mit viel Eiswürfeln darin) vor mir stehen. Und wenn ich einen Schluck nahm, wurde sofort aufgefüllt. Und wegen der Hitze hatte ich Durst. Zum Glück schmolz das Eis recht schnell, so dass ich ziemlich verdünntes Bier genoss. Dennoch sah ich die Gefahr, dass es mir zuviel werden könnte.

Alle halbe Stunde kam Som und schaute nach mir, verschwand dann aber wieder recht schnell. Er trieb sich bei den Mönchen im Wat herum und kannte tausend Leute. Bei einer solchen Gelegenheit bat ich ihn, mir hier heraus zu helfen. Wir vereinbarten, dass er mich abholen würde, um mir etwas ganz wichtiges zu zeigen. So geschah es, und ich war erleichtert, der Gruppe entkommen zu sein.

Weil Som aber soviel Leute besuchen musste, entschloss ich mich, dem Trubel um den Festplatz herum zu entfliehen und alleine auf Entdeckungsreise zu gehen. Ich wollte nur durch das Dorf spazieren gehen.

Ich kam nicht weit. Wahrscheinlich, weil anlässlich des Festes soviele Besucher von Außerhalb angereist waren, wurde unter fast allen Häusern gefeiert! Wenn mich jemand auf der Straße sah, rief man mir zu und winkte mich herbei. Anfangs etwas zögerlich ging ich zu den Leuten hin. Trotz der sprachlichen Probleme – fast niemand sprach englisch – wurde mir bedeutet, mich mitten unter sie zu setzen. Man reichte mir Mekong-Whisky und Bier, ich ließ eine Runde meiner eingeschmuggelten HB springen. Wir saßen zusammen und kommunizierten – irgendwie!

Ich fühlte mich keineswegs fremd. Die Offenheit, die Herzlichkeit, nam chai war zu spüren und gab mir das Gefühl, einer von ihnen zu sein. Man zeigte mir das Haus und den angefangenen Erweiterungsbau. Ich durfte das Motorrad und den neuen Traktor bewundern. Man pflückte grüne Mango vom nahestehenden Baum und reichte sie mir, landestypisch schräg angekerbt, zum essen.

Aus dem Dorf-Rundgang wurde nichts. Wenn ich mich nach einer halben Stunde oder so wieder aufgemcht habe, kam ich kaum drei oder vier Häuser weiter. Dann das gleiche Spiel von neuem.

War ich doch auf- oder ausgebrochen, um nicht zuviel zu trinken – als ich nach ungefähr drei Stunden den Weg zurück gefunden hatte, war ich mau mag-mag.

 

 
 

 

 

   
   

 

 
       


Letzte Aktualisierung dieser Seite: 09.09.2001